Inszenierung einer Katastrophe?

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Wir, in Diskussion mit der Ministerin verstrickt.

Die schweigende Mehrheit der Menschen in Österreich fragt sich seit Wochen, ob es sich bei der humanitären Katastrophe in Traiskirchen um ein Versagen der zuständigen Innenministerin und ihres Kabinetts handelt, um politische Unfähigkeit der Regierung oder um eine bewusste Inszenierung.

Am Samstag, den 15.8.2015 besuchten wir zusammen mit Flüchtlingen eine Diskussion mit Johanna Mikl-Leitner unter dem Motto „Christliche Flüchtlingspolitik der ÖVP zwischen Anspruch und Realität“ in der politischen Akademie der ÖVP, zu der vor allem VertreterInnen der Kirchen gekommen waren.

Ahmad Alian, syrischer Flüchtling in Traiskirchen, der dort seit seiner Ankunft vor vier Wochen alles Menschenmögliche in die Wege zu leiten versucht, um zumindest die Situation für Frauen und Kinder zu verbessern, übergab der Ministerin einen Bericht, den Freedom Not Frontex Vienna zusammen mit Flüchtlingen in Traiskirchen über die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen im Lager erarbeitet hat.

Die Ministerin beklagte die mangelnde Bereitschaft der Länder und Gemeinden, ausreichend Flüchtlinge aufzunehmen, als Ursache der drastischen Überbelegung der Erstaufnahmestelle Ost.

Wir können schwer einschätzen, ob das Pouvoir der Innenministerin in der eigenen Partei und gegenüber dem Koalitionspartner wirklich dermaßen gering ist, dass es ihr tatsächlich nicht gelingt, andere Unterkünfte aufzustellen als Zelte auf Polizeigelände.

Jedenfalls konnte die Ministerin keine Antwort geben auf unsere Fragen, warum denn nicht wenigstens sehr einfach zu korrigierende Missstände sofort nach Bekanntwerden beseitigt würden, wie z.B. das Fehlen von geschlechtergetrennten Duschmöglichkeiten oder von mehrsprachigen Auskünften in Form von Beschilderungen und Handzettel.
Oder die Schikane, die Flüchtlinge stundenlang in der prallen Sonne oder bei Regen Schlange stehen zu lassen, ums Essen, um die Lagerkarten, eine Schikane, die mit einem simplen Wartenummernsystem – wie von Flüchtlingen täglich vorgeschlagen – längst erledigt wäre.

Immerhin, wir reden bei Bier und Wein und bekommen doch ein paar Einblicke.

Immerhin, wir reden bei Bier und Wein und bekommen doch ein paar Einblicke.

Die Ministerin hatte auch keine Erklärung, warum die im Bericht von Amnesty International monierte völlig unzureichende medizinische Versorgung nicht einfach sichergestellt wird, indem man die renommierte NGO Ärzte ohne Grenzen im Lager arbeiten lässt, die bereits im Juli darum angesucht hatte, aber bis heute das Lager nicht betreten darf.

All diese Unstimmigkeiten sprechen dafür, dass das Innenministerium ganz bewusst die Situation in Traiskirchen dermaßen eskalieren ließ, um einerseits das Durchgriffsrecht des Bundes auf Länder und Gemeinden durchzusetzen, um aber andererseits auch innerhalb der EU Druck zu machen, dass die Verteilung von Flüchtlingen auf die europäischen Länder – zehn Länder nehmen 90 % der Schutzsuchenden auf, manche EU-Staaten gar keine – neu organisiert wird.

„Es sieht so aus, als hätte das Innenministerium das Wohlbefinden und die Menschenrechte schutzsuchender Menschen aufs Spiel gesetzt, um sich den politischen Trumpf eines desaströsen Amnesty-Berichtes als politisches Druckmittel zu erwirken“, sagt Schauspieler und Regisseur Bernhard Dechant nach dem Gespräch mit der Ministerin.

„Dass die Betreiberfirma ORS in Traiskirchen täglich die Menschenrechte der Flüchtlinge verletzt, die Ministerin aber weiterhin dieser Firma das Vertrauen ausspricht und keine NGO ins Lager lässt, entlarvt in meinen Augen ihr freundliches Interesse an den Berichten der Flüchtlinge als Heuchelei“, meint Kulturvermittlerin und Projektmanagerin Barbara Semmler.

„Wenn die Ministerin sagt, man müsse die Probleme in den Herkunftsländern lösen, damit aber nur meint, dort verschärfte Kontrolle und Reglementierung von Migration durchzusetzen, wenn gleichzeitig aber die österreichische Entwicklungshilfe mit nicht einmal 0,3% des BIP noch weit hinter der eh schon bescheidenen 0,7% Zielvorgabe zurückbleibt, dann weigert sich die Regierung in Wahrheit, politische Verantwortung bei der Bekämpfung von Fluchtursachen zu übernehmen“, sagt Film-, Text- und Theaterarbeiterin Tina Leisch.

Alles in allem gut hingegangen zu sein, an unseren Kämpfen ändert es nichts.

Alles in allem gut hingegangen zu sein, an unseren Kämpfen ändert es nichts.

Die schweigende Mehrheit der Menschen in Österreich sagt JA zu einem humanen und solidarischen Umgang mit Schutzsuchenden. Wenn Sie auch der Meinung sind, dass wir Menschen in Not willkommen heißen und respektvoll begegnen sollten, sagen auch Sie: JA!

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